Fett steht in dem Ruf, für die Gesundheit schädlich zu sein. Dabei ist Fett eine unentbehrliche Substanz für unser Wohlergehen. Fett wird nur dann zu einem Problem, wenn man A) mehr als physiologisch notwendig davon besitzt und B) das „falsche“ Fett im Übermaß eingelagert hat.
Was aber ist das „falsche“ oder „schlechte“ Fett? Wir können zwischen weißem Fett und braunem Fett unterscheiden, wobei die Farbe „weiß“ in diesem Fall für die Eigenschaft „schlecht“ steht. Braunes Fett ist das gute Fett, welches bei einer Reihe von wichtigen physiologischen Vorgängen von entscheidendem Vorteil ist.
Wie sich diese beiden „Fett-Arten“ voneinander unterscheiden, das habe ich in diesem Beitrag beschrieben:
Wer übergewichtig ist, der darf davon ausgehen, dass sein Anteil an weißem Fett überproportional hoch ausfällt. Und der Anteil an braunen Fett überproportional gering ist. Welchen Einfluss dies auf die Entstehung und Beibehaltung von Übergewicht ist, habe ich in diesem Beitrag kurz beleuchtet:
Rund 60 % unseres Gehirns besteht aus Fett und Cholesterin. Wie es aussieht, kommt in diesem Zusammenhang dem braunen Fett eine spezielle Aufgabe zu:
Fette im Gehirn
Allerdings gibt es kein weißes und braunes Fett im Gehirn, da die Fette hier in Form von Lipiden andere Aufgaben durchführen als die Fettzellen des Körpers. Der größte Teil des Fetts im Gehirn kommt im Myelin der Neuronen vor. Es hat dort die Aufgabe, die Axonen der Neuronen zu isolieren.
In diesem Fall ist dies keine Wärmeisolierung, sondern vielmehr eine Elektro-Isolierung, die die koordinierte Reizleitung der Nervenzellen erst ermöglicht. Man kann dies mit einem Elektrokabel vergleichen, wo die leitenden Metallteile ebenfalls von einer Isolierschicht umgeben sind, in diesem Fall aus Sicherheitsgründen. Nervenzellen ohne diese Isolierungen wären nicht in der Lage, ihre Signale gezielt auf andere Nervenzellen überzuleiten.
Myelin ist Teil der Oligodendrozyten im Zentralnervensystem inklusive Gehirn. Im peripheren Nervensystem sind es die Schwann-Zellen, die diese Funktion übernehmen. Satelliten-Oligodendrozyten werden als Teil der grauen Substanz betrachtet, während myelinisierende Oligodendrozyten zur weißen Substanz gehören (im Gehirn ist „weiß“ nicht mit dem Attribut „schlecht“ verbunden).
Sie können den neuronalen Stoffwechsel unterstützen. Satelliten-Oligodendrozyten können rekrutiert werden, um nach einer demyelinisierenden Verletzung neues Myelin zu bilden.
Bei der Geburt sind nur einige wenige Bereiche des kindlichen Gehirns mit Myelin ausgestattet. Im Verlauf der Entwicklung nimmt die Myelinisierung des Gehirns zu und ist erst im Alter von 25-30 Jahren des Individuums beendet. Diese Myelinisierung ist eine wichtige Komponente zur Entwicklung von Intelligenz. So hat sich herausgestellt, dass die Menge an weißer Substanz positiv mit IQ Tests bei Kindern korreliert.
Myelin selbst ist eine fettreiche Substanz, was die helle Färbung der „weißen Substanz“ bedingt. Es enthält ungefähr 40 % Wasser. Die Trockenmasse besteht aus 60-75 % Lipiden und 15-25 % Proteinen. Das primäre Lipid in Myelin ist ein Glycolipid, das Galactosylceramid.
Dieses Lipid ist auch ein Marker für Oligodendrozyten im Gehirn, ob diese aktiv Myelin aufbauen oder in dieser Funktion versagen. Die Funktion von Cholesterin an dieser Stelle ist die eines essenziellen Lipids für Myelin, welches ohne Cholesterin nicht formiert werden kann.
Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen kostenlosen Praxis-Newsletter dazu an:
Gehirn-Fett ist essenzielles Fett
Bereits seit etlichen Jahren hat sich herausgestellt, dass Fettsäuren zu den wichtigsten Molekülen gehören, die über die Integrität und Leistungsfähigkeit des Gehirns entscheiden. Essentielle Fettsäuren sind für die Aufrechterhaltung einer optimalen Gesundheit erforderlich, können aber vom Körper nicht synthetisiert werden und müssen aus der Nahrung aufgenommen werden.
Klinische Beobachtungsstudien haben eine unausgewogene Zufuhr von Fettsäuren mit einer Beeinträchtigung der Gehirnleistung und mit Krankheiten in Verbindung gebracht. Die essenziellen Fettsäuren, insbesondere die Omega-3-Fettsäuren[1], sind für die Entwicklung des Gehirns sowohl in der fötalen als auch in der postnatalen Phase wichtig.
Die mit der Nahrung aufgenommene Decosahexaensäure (DHA) ist für die optimale funktionelle Reifung der Netzhaut und des visuellen Kortex erforderlich, wobei die Sehschärfe und die geistige Entwicklung offenbar durch zusätzliche DHA verbessert werden.
Neben ihrer wichtigen Rolle beim Aufbau der Gehirnstruktur sind die essenziellen Fettsäuren als Botenstoffe an der Synthese und den Funktionen der Neurotransmitter des Gehirns und an den Molekülen des Immunsystems beteiligt.
Neuronale Membranen enthalten Phospholipid-Pools, die als Reservoir für die Synthese spezifischer Lipid-Botenstoffe bei neuronaler Stimulation oder Verletzung dienen. Diese Botenstoffe sind wiederum an Signalkaskaden beteiligt, die entweder eine neuronale Schädigung oder den Schutz des Nervensystems fördern können.
Der Einfluss von Nahrungsfetten auf die Gehirnfunktion
Eine Arbeit[2] mit diesem Titel aus dem Jahr 2018 von italienischen und französischen Autoren kam zu bemerkenswerten Ergebnissen.
Auch hier erfahren wir, dass die im Gehirn befindlichen Lipide eine strukturelle und funktionelle Rolle für die Neuronen einnehmen. Das heißt, dass Lipide/Fette für die Energieversorgung des Gehirns praktisch bedeutungslos sind, im Gegensatz zum Rest des Körpers. Der Energielieferant Nummer 1 für das Gehirn ist die Glucose.
Nichtsdestotrotz sehen die Autoren die Notwendigkeit, über die Ernährung Einfluss auf die Gesunderhaltung des Gehirns zu nehmen. Dieser Einfluss besteht darin, dass über die Ernährung mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Form von unter anderem Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden, um die Aufrechterhaltung der Gehirnfunktionen zu garantieren. Eine der „fettesten“ aller Ernährungsformen ist die „ketogene Diät“, bei der die Aufnahme von Kohlenhydraten streng limitiert beziehungsweise sogar vermieden wird.
In meinem Beitrag[3] zur ketogenen Diät, die mit einer Reihe von Vorteilen glänzen kann, verweise ich auf die Tatsache, dass bei einem reduzierten Angebot an Kohlenhydraten, speziell Glucose, das Gehirn praktisch „verhungern“ müsste. Aber die bei dieser Diät sich vollziehende Umwandlung der aufgenommenen Fette beziehungsweise Fettreserven zu Ketonkörpern können vom Gehirn problemlos als „Glucoseersatz“ zur Energiegewinnung herangezogen werden.
Die Autoren des Beitrags kommen zu dem Schluss, dass es eine klinische Relevanz für die Einnahme von Nahrungsfetten gibt, die inzwischen als gesichert gilt. Und die Einnahme von solchen Nahrungsfetten wird bereits zur Behandlung[4] von Gehirnerkrankungen eingesetzt, wie zum Beispiel:
Im Jahr 2016 erschien eine Arbeit[5] aus der Berliner Charité, die sich zur Aufgabe gesetzt hatte, den Einfluss von Omega-3-Fettsäuren auf die Gedächtnisfunktionen bei gesunden Senioren zu überprüfen. Diese Arbeit kam zu dem Schluss, dass eine Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren vor allem die Gedächtnisfunktion bei den gesunden Senioren verbessert.
Eine Metaanalyse[6] aus dem Jahr 2018 im Zusammenhang mit Morbus Alzheimer kam zu dem Schluss, dass die Effekte von Omega-3-Fettsäuren die Beobachtungen bestätigen, die auch in epidemiologischen Beobachtungsstudien gemacht worden waren. Diese hatten gezeigt, dass Omega-3-Fettsäuren im Frühstadium der Erkrankung nützlich sind, also zu einem Zeitpunkt, wo die Hirnfunktionen nur leicht gestört sind.
Die Autoren konstatieren, dass es Studien gibt, die gezeigt hatten, dass kognitive Funktionen unter Omega-3-Fettsäuren auch bei schweren Fällen verbessert werden konnten. Dennoch kommen sie zu dem Schluss, dass für die Behandlung von Alzheimer sich Omega-3-Fettsäuren nicht eignen.
Mein Fazit hier: Erst zeigen die Autoren, dass Omega-3-Fettsäuren wirken, wenn auch nur bei den leichten Fällen. Dann konstatieren sie, dass auch schwere Fälle profitieren, um dann den Schluss zu ziehen, dass Omega-3-Fettsäuren doch nicht wirken können. Die Schlussfolgerung widerspricht offensichtlich dem, was zuvor an Fakten diskutiert worden ist. „Und so schloss man messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.“
Eine Studie[7] aus dem Jahr 2020 aus China untersuchte diese Frage ebenfalls, allerdings unter Zuhilfenahme von Mäusen. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die Transportfunktion der Blut-Hirn-Schranke bereits in einem sehr frühen Krankheitsstadium beeinträchtigt sein könnte, was zur pathologischen Anhäufung von Plaques bei Alzheimer beitragen könnte, und dass eine Intervention mit Omega-3-Fettsäuren eine wirksame Strategie zur Verhinderung des Fortschreitens der Alzheimer-Krankheit sein könnte, indem die Amyloid-Plaque-Clearance vom Gehirn ins Blut gefördert wird.
Mein Fazit hier: Ich hatte einen Beitrag[8] veröffentlicht, der die „wahren Ursachen für Alzheimer“ untersucht hatte. Denn die Hypothese mit den Amyloid-Plaques steht auf sehr wackeligen Füßen, die so wacklig sind, dass sie kaum noch haltbar sind. Vielmehr spricht vieles dafür, dass ausgedehnte chronische Entzündungsprozesse im Gehirn für die Entstehung von Alzheimer verantwortlich zu machen sind.
Dass positive Ergebnisse für Omega-3-Fettsäuren bei frühen Verläufen von Alzheimer zu beobachten sind, lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf zurück führen, dass genau diese Fettsäuren einen starken entzündungshemmenden Effekt ausüben, die dann im Gehirn das Entzündungsgeschehen und damit die Symptomatik zurückdrängen.
Fazit
Der Schlüssel zur Beantwortung der Frage nach den für das Gehirn wichtigen Fetten ist die Erkenntnis, dass Fett nicht gleich Fett ist. Das heißt, wenn wir von „Fett“ sprechen, meinen wir in der Regel das Fettgewebe, die großen, ölgefüllten Zellen, die unser Körper zur Energiespeicherung nutzt (und aus denen der Speck besteht, den Sie loswerden wollen). Wenn wir nicht ausreichend mit Nährstoffen aus der Umwelt versorgt werden, beginnt unser Körper in der Tat mit dem Abbau des Fettgewebes, aber nicht unbedingt mit dem Abbau anderer Fettarten im Körper.
Das schützt zunächst unser Gehirn vor einem Verlust. Aber auch bei einer nachhaltigen Mangelernährung kann es zu Verlusten kommen, die mit neurologischen Störungen einhergehen. Diese Mangelernährung muss nicht notwendigerweise „hungern“ bedeuten. Mangelernährung ist auch dann gegeben, wenn Nahrungsmittel eingenommen werden, denen es an substantiellen Nährstoffen, wie zum Beispiel Omega-3-Fettsäuren, fehlt.
Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen kostenlosen Praxis-Newsletter „Unabhängig. Natürlich. Klare Kante.“ dazu an:
Quellen:
- [1] Für was ist Omega 3 gut? Wirkung, Nutzen und Anwendung
- [2] Impact of Dietary Fats on Brain Functions – PubMed
- [3] Die Ketogene Diät – Ist diese gesund? Was bringt die?
- [4] The ketogenic diet as a treatment paradigm for diverse neurological disorders – PubMed
- [5] Impact of Omega-3 Fatty Acid Supplementation on Memory Functions in Healthy Older Adults – PubMed
- [6] Omega-3 fatty acids‘ supplementation in Alzheimer’s disease: A systematic review – PubMed
- [7] Omega-3 polyunsaturated fatty acids promote brain-to-blood clearance of β-Amyloid in a mouse model with Alzheimer’s disease – PubMed
- [8] Die wahre Ursache von Alzheimer
Beitragsbild: 123rf.com – ian allenden
Dieser Beitrag wurde am 03.11.2021 erstellt.