Die USA haben seit etlichen Jahren ein massives Drogenproblem. Inzwischen gibt es mehr als 400.000 Drogentote. Verursacher dieser Epidemie sind unter anderem die Pharmaindustrie und ihre schulmedizinischen Helfershelfer.
Ich hatte bereits darüber berichtet:
- Opioide – Der Nummer 1 Killer für alle unter 50
- Eine Pharmafirma, die wahrscheinlich für Millionen Tote verantwortlich ist
- Verschreiben, abhängig machen, in den Tod führen und dann Organe entnehmen – Das perfide Spiel einer Medizinindustrie
Anklage und Vergleich
Im Oktober erschien im „Spiegel“[1] eine Kurznachricht, derzufolge vier Pharmariesen angeklagt worden waren, maßgeblich an der Entstehung der Opioid-Krise in den USA beteiligt gewesen zu sein.
Angeklagt waren nicht nur pharmazeutische Hersteller, sondern auch drei Großhändler (McKesson, AmerisourceBergen und Cardinal Health). Der Vierte im Bunde ist eine israelische Pharmafirma (Teva).
Die amerikanischen „Opioid-Händler“ sind dem Bericht zufolge bereit, zusammen 215 Millionen USD zu bezahlen. Die israelische Firma zahlt 20 Millionen USD und stellt Medikamente zur Behandlung einer Schmerzmittelabhängigkeit im Wert von 25 Millionen USD zur Verfügung.
Dies alles erfolgt im Rahmen eines Vergleichs. Wieder einmal haben es also die Vertreter der Pharmaindustrie und deren Händler verstanden, über die Zahlung von gewissen Summen einen teuren und langwierigen und vor allem möglicherweise risikoreichen Prozess zu umgehen, aus dem sie möglicherweise als Schuldige hervor gehen könnten.
Und wieder einmal werden scheinbar riesige Beträge gezahlt, die aber im Vergleich zu den Einnahmen, die alle Beteiligten von der Vertreibung ihrer Produkte eingenommen haben und die sich in Milliardenhöhe belaufen, geradezu lächerlich ausnehmen.
Bei den vier genannten Kandidaten taucht sofort die Frage auf, wo einer der Hauptakteure bei der Entwicklung der Opioid-Krise in den USA bleibt: Die Firma Purdue Pharma? In dem oben erwähnten Beitrag (siehe Link) habe ich beschrieben, welchen Anteil diese Firma an den Drogentoten in den USA und anderswo hat.
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Die große Abrechnung!?
Ein weiterer Beitrag von „Spiegel“[2] vom September 2019 beginnt mit genau dieser Überschrift (allerdings ohne die gleichen Satzzeichen).
Im Visier stehen hier Purdue Pharma der Familie Sackler sowie Johnson & Johnson. Die Firma Teva und die Arzneimittelgroßhändler werden in einem Nebensatz auch genannt.
In diesem Beitrag gibt es ein Video zu sehen, in dem eine eidesstattliche Befragung von Richard Sackler durch die Staatsanwaltschaft von Kentucky erfolgt. Das Video wurde im Jahr 2015 aufgenommen.
Purdue kämpfte vier Jahre vergeblich darum, die Veröffentlichung dieses Videos zu verhindern. Mit ein Grund scheint zu sein, dass die Familie Sackler versucht, so anonym wie nur möglich zu bleiben.
Mit diesem Video hat diese Familie und ihr Unternehmen plötzlich ein identifizierbares Gesicht bekommen. Zudem versuchte Purdue ihr Vorhaben zu versüßen, in dem sie dem Bundesstaat eine Entschädigung von 24 Millionen USD versprach. Also auch hier wieder ein Kleckerbetrag im Vergleich zu den Milliarden, die die Firma bereits hat einsacken können (Sackler und einsacken – zufällige sprachliche Gemeinsamkeit?).
Das war vor vier Jahren!
Laut „Spiegel“-Angaben steht Purdue vor dem Aus. Inzwischen gibt es über 2000 Klagen, die gegen die Firma vorliegen in Bezug auf ihr Mega-Produkt „Oxycontin“. Um diesen Klagen zuvorzukommen, hat die Firma Insolvenz angemeldet.
Diese Insolvenz ist allerdings auch ein strategischer Schachzug. Sie ist das Produkt eines weiteren Vergleichs, der mit Purdue und 23 Bundesstaaten und über 2000 Städten und Gemeinden ausgehandelt wurde. Nach der Insolvenz soll die Firma als Stiftung „wiederauferstehen“.
Die Gewinne sollen dann auf die Kläger verteilt werden. Dabei wird die Stiftung auch weiterhin Oxycontin vertreiben, sowie Antidots gegen Überdosierung und Medikamente zur Suchtbehandlung. Und die Familie Sackler steuert angeblich 3 Milliarden USD aus dem Privatvermögen bei.
Diese Summen sehen deutlich anders aus als die kümmerlichen Millionenbeträge, die zuvor als Angebot unterbreitet wurden. Trotzdem dürfte die Familie Sackler kein Fall für das Sozialamt werden. Denn laut „Spiegel“ hat die Familie gezielt Gelder aus der Firma abgezogen und auf Privatkonten in der Schweiz überwiesen.
Hier ist von 1 Milliarde USD die Rede. Und es soll noch eine Strohfirma geben, die Sackler-Gelder zum Kauf von Häusern in Manhattan und Hamptons nutzte.
Der zuständige Generalstaatsanwalt jedoch will mehr als nur diesen Vergleich. Das Vermögen der Familie Sackler liegt bei rund 13 Milliarden USD, weshalb der Staatsanwalt den Vergleich nur als eine „Anzahlung“ sieht. Inzwischen soll es auch persönliche Anklagen gegen Mitglieder der Sackler-Familie geben.
Am Ende des Beitrags bemerkt „Spiegel“, dass der Ruf der Pharmaindustrie in den USA so ramponiert ist, dass in Umfragen von Meinungsforschungsinstituten die Reputation dieser Branche den letzten Platz belegt.
Fragwürdige Nutznießer
Ein weiterer Beitrag[3] von „Spiegel“ zu diesem Thema wurde am 22. Oktober 2019 veröffentlicht („Das große Feilschen kommt erst noch“).
Aufgrund des weiter oben erwähnten Vergleichs fiel der eigentliche Prozess aus. Wer war der Gewinner? Die Pharmaindustrie und Pharmahändler, also die Angeklagten? Die Kläger? Antwort: Die Anwälte.
Rund 60 Juristen von Pharmaindustrie und Anklage feilschten den Kompromiss/Vergleich aus. Der sieht so aus, dass die Angeklagten 260 Millionen USD an zwei Bezirke in Ohio bezahlen, was aber selbstverständlich nicht als explizites Schuldeingeständnis zu werten ist.
„Spiegel“ vermerkt dazu: „Die Prozessvertreter dürften in dieser Nacht die ein oder andere Million verdient haben“.
Als Beispiel für die Lukrativität des Anwaltsberufs bringt der Beitrag ein Beispiel aus dem Bundesstaat West Virginia. Dieser Bundesstaat war der Erste, der einem Vergleich mit den vier Angeklagten zustimmte. Hier wurde die Zahlung von 94 Millionen USD Entschädigung fällig, von denen 24 Millionen alleine (also ein Viertel der Gesamtsumme) an die angeheuerten Anwälte ging.
Aber vielleicht war man in West Virginia ein wenig zu voreilig. Denn der ganz große Deal soll erst noch kommen.
Denn der ganz große Deal für praktisch die gesamte USA sieht so aus, dass die Pharmafirmen 48 Milliarden USD Entschädigung angeboten haben. Davon sollen 22 Milliarden USD Cash gezahlt werden und 26 Milliarden USD in Form von Medikamenten und Therapien gegen Opioidabhängigkeit geleistet werden.
Die „kleinen Ankläger“, also Städte und Kommunen, misstrauen diesem Deal. Warum? Wie bereits beschrieben, wandert ein signifikanter Betrag der Entschädigung an die Juristen. Dies schließt nicht aus, dass ein weiterer großer Brocken der Entschädigungssumme an die Finanzminister der Bundesstaaten geht, damit die ihre Haushaltslöcher stopfen können.
Die Befürchtungen für dieses Szenario sind durchaus berechtigt. Denn in den Neunzigerjahren zahlte die Tabakindustrie 206 Milliarden USD. Der überwiegende Anteil dieses Betrags ging in den Finanzhaushalt der Bundesstaaten. Und nur ein Bruchteil wurde für die Suchtbekämpfung bereitgestellt.
Das Geschäft mit den Perfidesten aller Methoden
Ein letzter Beitrag[4] des „Spiegel“ zu diesem Thema vom 24. Oktober 2019 zeigt eine besonders perfide Variante eines pharmazeutischen Unternehmens, um Umsätze und Umsatzmärkte zu erweitern.
Reckitt Benckiser ist eigentlich ein britischer Hersteller von Reinigungsprodukten und Haushaltswaren. Die Firma ist allerdings in 60 Ländern weltweit tätig. Sagrotan, Calgon, Clearasil, Durex, Lysol, Nurofen (Ibuprofen) etc. sind die bekanntesten Produkte.
Dann gibt es noch „Suboxone“. In der deutschen Ausgabe von Wikipedia[5] [6] wird angegeben, dass es sich hier um ein Substitutionsmittel handelt, welches zur Behandlung von Opioidabhängigkeit eingesetzt wird. Dies ist bemerkenswert, da es sich bei diesem Schmerzmittel um eine Substanz handelt, die selbst ein Opioid ist.
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Demnach also soll es möglich sein, eine Opioidabhängigkeit mit Opioiden zu therapieren? Solche Szenarien werden von gewinnorientierten Firmen und Enzyklopädien kreiert. Selbstverständlich ist bei Wikipedia kein Eintrag zu finden, der diese Strategie der Täuschung von Ärzten und Patienten zum Wohle von Umsatz und Geschäft thematisiert.
Es ist auch kein Eintrag zu finden, der den jetzt beschlossenen Vergleich und die damit verbundene Zahlung von 700 Millionen USD beschreibt. Dieser Vergleich ist eine weitere Maßnahme, eine Anklage zu vermeiden. Und diese Anklage wäre die gezielte Täuschung über die tatsächlichen Eigenschaften der Substanz als opioidhaltiges Schmerzmittel, welches ausgerechnet ein „Mittel zur Entzugstherapie“ sein soll.
Wir erfahren weiter, dass bereits im letzten Juli aus genau diesem Grunde die Firma 1,4 Milliarden USD als Vergleich hat zahlen müssen. Auch hier war die irreführende Bewerbung des Präparats als „sicher“ und „zur Therapie von Suchterkrankungen geeignet“, mit der sich die Firma Milliarden Umsätze erschlichen hatte.
Es ist erschütternd zu sehen, dass die Pharmaindustrie nicht nur Millionen von Menschen weltweit drogensüchtig macht, sondern diese Not dann noch zusätzlich in bare Münze verwandelt, indem sie die Abhängigkeit und Sucht ihrer Opfer durch Produkte manifestiert, die unter vollkommen falschen Prämissen angeboten werden.
Fazit
Vergleich, Vergleich, Vergleich – wo wir auch hinschauen. Die größten Drogendealer unserer Zeit werden per Vergleich zur Kasse gebeten. Es erfolgt keine Anklage – das wichtigste Ziel der Angeklagten.
Damit kann man auch aus legaler Sicht so weitermachen, wie bisher erfolgreich durchgeführt. Dies erklärt auch, warum immer wieder die gleichen Kandidaten immer wieder im Fadenkreuz von derartigen Untersuchungen stehen, und immer wieder Vergleiche und damit verbundene Zahlungen über sich ergehen lassen.
Diese Zahlungen mögen enorm aussehen. Warum also machen die Firmen weiter, als wenn nichts geschehen wäre? Weil diese Zahlungen Teil des geschäftlichen Kalküls sind. Und dieses geschäftliche Kalkül weiß, dass mit den menschenverachtenden Praktiken zigmal mehr verdient werden kann als man irgendwann mal als Strafzahlung verlieren wird.
Und für die Justiz und Politik sind solche Vergleiche eine mehr als willkommene Einnahmequelle. Der Großteil geht an Juristen und Finanzpolitiker. Aber vielleicht fallen doch noch einmal ein paar Krümel für die Betroffenen ab. Ansonsten müssen private Initiativen und private Organisationen für die Schäden aufkommen, die Industrie und Politik bei ihrem Ritt über Leichen zurückgelassen haben.
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Quellen:
- [1] Schmerzmittel-Prozess: Pharmariesen wenden Prozess ab – SPIEGEL ONLINE
- [2] Opioid-Krise: Prozesse in den USA gegen Sackler und Purdue Pharma – die Abrechnung – SPIEGEL ONLINE
- [3] Opioid-Krise in den USA: Das große Feilschen kommt erst noch – SPIEGEL ONLINE
- [4] Reckitt Benckiser schließt in US-Opioidkrise Vergleich über 700 Millionen Dollar – SPIEGEL ONLINE
- [5] Reckitt Benckiser – Wikipedia
- [6] Buprenorphin – Wikipedia
Dieser Beitrag wurde am 20.01.2023 erstellt.