Was wir von Diogenes lernen können

Diogenes von Sinope, oft als Diogenes der Kyniker bezeichnet, war eine faszinierende und provokative Figur in der antiken griechischen Philosophie. Er lebte im 4. Jahrhundert v. Chr. und war bekannt für seinen extremen Asketismus sowie für seine schlagfertige Art, die gesellschaftlichen Normen und Konventionen herauszufordern.

Begegnung mit Plato

Ein berühmtes Beispiel für Diogenes‘ Lehren ist seine Begegnung mit dem Philosophen Plato. Als Plato den Menschen als „federlosen Zweibeiner“ definierte, brachte Diogenes einen gerupften Hahn in die Akademie und rief aus: „Hier ist Plato’s Mensch!“ Diese Aktion sollte zeigen, dass Platons Definition zu vage und ungenau war und dass die wahre Natur des Menschen nicht durch abstrakte Definitionen, sondern durch konkrete Beispiele verstanden werden könne.

Die Geschichte mit der Laterne am helllichten Tag

Ein weitere (weniger bekannte) Geschichte: Diogenes ging einst am helllichten Tag mit einer Laterne durch die Straßen von Athen. Als ihn die Leute fragten, was er tat, antwortete er, dass er einen „ehrlichen Mann“ suchte. Diese Handlung war eine scharfe Kritik an der Heuchelei und der moralischen Verkommenheit der Gesellschaft seiner Zeit.

Diogenes‘ Suche nach einem ehrlichen Mann war jedoch nicht nur eine äußerliche Handlung, sondern auch eine metaphorische. Er suchte nicht nur nach jemandem, der wörtlich die Wahrheit sagte, sondern nach jemandem, der in einer Welt voller Scheinheiligkeit und Verlogenheit aufrichtig und authentisch war.

Begegnung mit Alexander dem Großen

Eine der berühmtesten Begegnungen in der Geschichte der Philosophie ist die zwischen Diogenes und Alexander dem Großen:

Diogenes und Alexander der Große

Laut Überlieferung suchte Alexander, der von Diogenes‘ Ruf als Philosoph gehört hatte, diesen in Korinth auf. Er fand Diogenes, der entspannt in der Sonne lag, und bot ihm an, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Diogenes, der die Sonne genoss, soll daraufhin geantwortet haben: „Geh mir ein wenig aus der Sonne!“ Diese Antwort symbolisiert Diogenes‘ Verachtung für materiellen Reichtum und Macht sowie seine Überzeugung, dass wahres Glück in der Einfachheit und in der Unabhängigkeit von äußeren Umständen zu finden sei.

Eine weitere Überlieferung erzählt, dass Alexander, beeindruckt von Diogenes‘ Weisheit und Freiheitsliebe, äußerte: „Wenn ich nicht Alexander wäre, würde ich Diogenes sein wollen.“ Darauf soll Diogenes geantwortet haben: „Wenn ich nicht Diogenes wäre, würde ich auch Diogenes sein wollen.“ Diese Anekdote unterstreicht Diogenes‘ Selbstgenügsamkeit und seine Ablehnung jeglichen Strebens nach Macht oder Ruhm.

Fazit

Diogenes‘ Begegnungen mit Alexander dem Großen veranschaulichen seine philosophischen Überzeugungen und seinen unerschütterlichen Glauben an die kynische Lebensweise, die Freiheit, Autarkie (Selbstgenügsamkeit) und die Bedeutungslosigkeit materiellen Besitzes betont.

Diogenes lehrte durch sein Beispiel, dass die beste Art zu leben darin besteht, den kulturellen Konventionen zu trotzen und ein Leben in Einklang mit der Natur zu führen, frei von den Fesseln des materiellen Begehrens.

René Gräber
René Gräberhttps://www.renegraeber.de
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